STATEMENT VON ANDREAS MEYER AUF DER ÖFFENTLICHE ANHÖRUNG DES FAMILIENAUSSCHUSSES DES DEUTSCHEN BUNDESTAGES AM 1.2.2013
Auf der öffentlichen Anhörung im Familienausschuss des Deutschen Bundestages am 1.2.2013 zur Studie der Universität Heidelberg „CONTERGAN – Wiederholt durchzuführende Befragungen zu Problemen, speziellen Bedarfen und Versorgungsdefiziten von contergangeschädigten Menschen“ vom 21.12.2012 gab Andreas Meyer ein Statement in seiner Eigenschaft als Stiftungsratsmitglied der Conterganstiftung und als 1. Vorsitzender des BCG ab:
Statement_Andreas_Meyer_1_2_2013
Den Wortlaut des Statements von Andreas Meyer vom 1.2.2013 können Sie hier oben herunterladen und im Folgenden nachlesen:
Herr Andreas Meyer:
„Vielen Dank, Herr Vorsitzender, vielen Dank, Herr Prof. Dr. Kruse. Endlich einmal eine Studie, die unabhängig von der Einflussnahme der Firma Chemie Grünenthal die Belange der Contergangeschädigten wiedergegeben hat. Nicht jede dieser Studien ist unabhängig gewesen.
Vor 50 Jahren nahm uns Grünenthal unsere Gliedmaßen durch das Arzneimittel Contergan. Zehn Jahre später nahm uns deutsche Politiker mit dem Conterganstiftungsgesetz das Recht, Grünenthal auf Schadensersatz zu verklagen. Das heißt, nicht die Täter wurden enteignet, sondern wir Opfer. Und dieser perfide Akt rechtsstaatlicher Perversion wird bis heute von Politikern dieses Landes immer noch als Musterbeispiel der Sozialpolitik gefeiert.
Ja, es gibt viel zu feiern: Alle Unternehmen der Grünenthaleigner stehen heute in voller Blüte. Die Conterganopfer erlitten durch ihre Enteignung die schlimmsten Entbehrungen. Und gerade die schlimmsten Entbehrungen und deren Auswirkungen belegt heute die Studie der Universität Heidelberg. Es sind nur die Auswirkungen dessen, was dieser Staat an den Conterganbetroffenen verbrochen hat durch die Enteignung, durch die Entbehrungen, die mit dieser Enteignung verbunden gewesen sind. Heute werden in Australien Millionenbeträge an die Opfer bezahlt, weil sie die verantwortlichen Firmen verklagen können. Das ist in Deutschland nicht mehr möglich. Aber was möglich gewesen ist, ist Folgendes: 30 Jahre lang schaute Grünenthal in der Conterganstiftung auf unsere medizinischen Akten. 30 Jahre lang bezahlte Grünenthal die Gutachter der Medizinischen Kommissionen der Conterganstiftung und noch heute befürwortet die hier anwesende Vorstandsvorsitzende der Conterganstiftung, Frau Blumenthal, einen Vertrag mit der Firma Grünenthal zur Übernahme der Kosten der Medizinischen Kommission. Die Übernahme der Kosten durch Grünenthal bringt nur dem Bund etwas und zwar die Kosten der Medizinischen Kommission. Denn der Bund hat ansonsten die Kosten der Medizinischen Kommission zu übernehmen.
Bei der Einsicht der Vorstandsprotokolle wird es mir untersagt, Notizen oder kopieren zu machen. Jede Maßnahme zur Kontrolle der Stiftungsratsmitglieder von Seiten der Geschädigten wird zunichte gemacht. Unsere Aufgabe wird vollkommen unterminiert. Warum das so ist, möchte ich Ihnen mit einem kleinen Zitat mitteilen. Es ist ein Zitat aus den Vorstandsprotokollen, die mir erst vor kurzem, vor meinem Herzinfarkt im letzten Jahr, zur Einsichtnahme gegeben wurden: „08.12.2010 – Frau Fusenig“ – das ist eine Dame der Firma Grünenthal – ,hat in Aussicht gestellt, dass diese Kosten eventuell durch die Firma Grünenthal übernommen werden. Um eventuellen Korruptionsvorwürfen entgegenzuwirken, würde die Firma Grünenthal das Geld nicht direkt an Herrn Dr. Graf zahlen, sondern die Kostenerstattung sollte über die Stiftung erfolgen.’“ Ich wiederhole nochmal, „um Korruptionsvorwürfen entgegenzuwirken“, zahlte Grünenthal diese Kosten an die Stiftung und nicht an Dr. Graf. Das heißt, dass sich die Conterganstiftung offensichtlich dazu instrumentalisieren ließ, Geld zu , waschen‘. Und das alles unter den wohlwollenden Augen des Stiftungsratsvorsitzenden, Herrn Dieter Hackler, er sitzt dort vorne, das unter den wohlwollenden Augen seiner Stellvertreterin, Frau Brigitte Lampersbach, und das alles unter den wohlwollenden Augen der Rechtsaufsicht der Conterganstiftung, das ist Frau Dr. Kürschner, ich habe sie heute hier irgendwo gesehen, und dass unter den wohlwollenden Augen Ihres Ministeriums, Frau Dr. Schröder.
Ich möchte den Reigen der offensichtlich gegenseitigen Verbindlichkeiten noch erweitern.
– Ich habe noch eine Sache vergessen: Das wunderbare Internetportal, dass Frau Blumenthal uns eben vorgestellt hat, soll ebenfalls von Grünenthal finanziert werden. Es reicht Grünenthal scheinbar nicht, dass Ihnen unsere Akten über 30 Jahre lang bekannt gewesen sind. Sie wollen jetzt auch noch das einsehen können, was wir über Internet der Stiftung preisgeben wollen. Diese ,Abhörpraxis‘ nutzt Grünenthal. Diese ,Abhörpraxis‘ nutzt Grünenthal. Über 30,40 Jahre lang hat das Procedere Conterganstiftung nur Grünenthal und der Familie Wirtz etwas genutzt.
Und ich sage Ihnen auch, dass sich die Familie Wirtz das offensichtlich hat etwas kosten lassen:
Und zwar spendete Michael Wirtz für die Parteispendensammelaktion von Ex-Bundeskanzler Kohl 250.000 DM. Im Jahr 2008 bekam Bundeskanzlerin Angela Merkel den Karlspreis, Mitglied im Direktorium für den Karlspreis ist Grünenthaleigner Michael Wirtz.
Ich denke, das macht deutlich, wie klein die Welt ist, wenn es um Contergan geht . Die Betroffenen haben keinen Grund, hier der Politik zu vertrauen. Die Politik hat eine Studie gemacht, die ihnen unliebsamer ist als hier die Beiträge, die gekommen sind. Denn das kostet Geld. Und es ist das Geld der Steuerzahler und nicht das Geld der Familie Wirtz. Und das, was jetzt hier geschieht, ist einmal mehr das, was wir schon seit 40 Jahren erleben:
Wir werden entwürdigt, indem wir wieder zu Bittstellern gemacht werden, indem wir wieder zu einem Schadensersatz auf Kosten der Steuerzahler verurteilt werden. Wir sind keine Bittsteller, wir sind Grünenthalopfer.“
– Beifallsbekundungen der Zuhörerschaft –
Herr Andreas Meyer:
„Und das wollen wir:
Der Entwurf der Fraktion Die Linke geht in die korrekte Richtung. Da wird Grünenthal und die Familie Wirtz zumindest zu einem Teilgedanken dazu verpflichtet, mit zu zahlen. Und man kann es noch viel einfacher haben:
Machen Sie doch ganz einfach ein Gesetz, das sämtliche Kosten des Conterganskandals übernimmt.
Aber holen Sie sich das Geld von der Familie Wirtz, meinetwegen in hundert Jahren …“
Vorsitzender: „Herr Meyer, ich muss Sie bitten, …“
Herr Andreas Meyer:
„Ich komme zum Ende.
Nur noch den letzten Satz.
Aber holen Sie sich das Geld von den Eignern wieder zurück.
Danke schön.“
– Beifallsbekundungen der Zuhörerschaft –
Ende
Die Gesamtvideoaufnahme der öffentliche Anhörung vom 1.2.2013 finden Sie in der Mediathek des Deutschen Bundestages unter der Rubrik „Ausschusssitzungen“, wenn Sie dann die Ausschusssitzung des Familienausschusses vom 1.2.2013 unter dem Titel „Contergan Opfer fordern Hilfe“ heraussuchen.
Das Statement von Andreas Meyer finden Sie in der 51 Minute und 30 Sekunde (0:51:30) der Gesamtvideoaaufnahme der öffentlichen Anhörung.
Als Reaktion auf das Statement von Andreas Meyer versandte das Vorstandsmitglied der 11. Amtsperiode der Conterganstiftung, Herr RA Karl Schucht, ein Schreiben vom 22.2.2013 an sämtliche Mitglieder des Familienausschusses und behauptete, Andreas Meyer habe in seinem Statement unwahre Behauptungen aufgestellt.
Die oben genannten Vorkommnisse haben nun Herrn Meyer veranlasst, Herrn Schucht vor dem Landgericht Bonn zu verklagen.
Weiterführende Informationen:
Lesen Sie Einzelheiten zur juristischen und zur gesellschaftspolitischen Bedeutung des Gerichtsverfahrens.
Lesen Sie bitte unsere Pressemitteilung zur Klageeinreichung vom 5.9.2016.
Lesen Sie bitte unsere Pressemitteilung vom 13.2.2017 zur Gerichtsverhandlung am 15.2.2017.
Lesen Sie bitte unsere Pressemitteilung zur Weiterführung des Verfahrens ohne Vergleich vom 9.3.2017.
Lesen Sie bitte unsere Pressemitteilung vom 8.6.2017 zum derzeit noch nicht rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Bonn vom 10.5.2017 und zur Berufungseinlegung.
Lesen Sie bitte unsere Pressemitteilung zu 60 Jahren Contergan vom 26.9.2017 und unsere Petition 60 Jahre Contergan – Für ein bundesweites Antikorruptionsgesetz!
Lesen Sie bitte dazu unsere Einladung zur Gerichtsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Köln Andreas Meyer ./. Rechtsanwalt Karl Schucht am 15.2.2018.
Lesen Sie bitte unsere Pressemitteilung vom 06.02.2018 zur OLG Köln Gerichtsverhandlung am 15.02.2018.
Lesen Sie bitte dazu unsere Pressemitteilung zur Rechtskraft des OLG Köln Urteils Andreas Meyer ./. Rechtsanwalt Karl Schucht vom 04.06.2018.
Lesen Sie bitte auch die in der Conterganstiftung eingebrachte Beschlussvorlage zur Erweiterung des Prüfungsauftrages der Rechtsanwaltskanzlei GSK Stockmann & Kollegen auf das BMFSFJ vom 9.11.2018.
Lesen Sie bitte auch den Offenen E-Mail-Brief von Andreas Meyer an den Stiftungsratsvorsitzenden Christoph Linzbach (BMFSFJ) vom 30.04.2019.
Lesen Sie bitte unsere Pressemitteilung „Der Grünenthal-Mann aus dem BMFSFJ“ vom 29.05.2019.
Lesen Sie bitte zu Ihrer Orientierung nochmals eine Chronologie des Hintergrunds dieser Ereignisse.