Bei der ersten demokratischen Urwahl der ordentlichen Mitglieder des Stiftungsrates und deren Stellvertreter der Conterganstiftung für behinderte Menschen haben die wahlberechtigten Conterganopfer für eine Überraschung gesorgt.
Nach dem amtlichen Endergebnis, das am 17.11.2009 durch eine öffentliche Stimmenauszählung im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Gesundheit in Berlin ermittelt wurde, konnten die gewählten Kandidaten der Contergan-Opposition des Bundes Contergangeschädigter und Grünenthalopfer e.V. (BCG), der Internationalen Contergan Thalidomid Allianz (ICTA) und des Contergan-Netzwerkes (CN) gegenüber der gewählten Kandidatin des Bundesverbandes Contergangeschädigter e.V. (BV) mehr als die doppelte Anzahl der Stimmen der erfolgreich gewählten Kandidaten auf sich vereinen (insgesamt 1086 Stimmen).
Zwar erhielt die Kandidatin des BV, Margit Hudelmaier, mit 507 Stimmen einen der beiden Plätze als ordentliches Mitglied im Stiftungsrat. Jedoch wurde der Kandidat des BCG, Andreas Meyer, mit 441 Stimmen für den anderen Platz als ordentliches Mitglied gewählt. Die Kandidaten der ICTA, Udo Herterich (402 Stimmen), und des CN, Christian Stürmer (243 Stimmen), konnten mit ihrer Wahl die Plätze der beiden Stellvertreter für sich belegen. Die andere vom BV aufgestellte und beworbene Kandidatin, Maria Woll, schaffte es mit 205 Stimmen dagegen nicht.
„Damit wurde dem Märchen von der Alleinvertretungsberechtigung des Bundesverbandes ein deutliches Ende bereitet. Die Firma Grünenthal und die Bundesregierung müssen nun bei weiteren Entschädigungsverhandlungen die bisher als bloße ‚Splittergruppen‘ diffamierte Contergan-Opposition mit an den Verhandlungstisch nehmen.“ so Meyer, erster Vorsitzender des BCG.
Aus 40 Kandidaten, die sich aus dem Kreise der contergangeschädigten Betroffenen zur Wahl zur Verfügung stellten, konnten 2 ordentliche Mitglieder des Stiftungsrates und 2 Stellvertreter gewählt werden. Jedes wahlberechtigte Conterganopfer durfte 2 Stimmen abgeben. Die Kandidaten mit den beiden meisten Stimmen erhielten jeweils einen Platz als ordentliches Mitglied des Stiftungsrates. Die Kandidaten mit den drittmeisten und viertmeisten Stimmen bekamen jeweils einen Platz als Stellvertreter. Von den 2677 wahlberechtigten Contergangeschädigten gaben 1557 ihren Wahlumschlag ab. Aus 1423 gültigen Stimmenabgaben mit jeweils bis zu 2 Stimmen wurde sodann das Wahlergebnis ermittelt. Die Wahlbeteiligung lag bei 58,16 %.
Ermöglicht wurde diese Urwahl durch das 2. Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes vom 14.5.2009. Unter dem früheren Stiftungsgesetz wurden über 35 Jahre lang stets nur 2 Vertreter des BV in den Stiftungsrat und den Stiftungsvorstand der Conterganrentenstiftung berufen.
Mit Schreiben vom 27.11.2009 berief nun Bundesfamilienministerin von der Leyen die Kandidaten des BV, Margit Hudelmaier, und des BCG, Andreas Meyer, für die elfte Amtsperiode des Stiftungsrates der Conterganstiftung für behinderte Menschen als ordentliche Mitglieder des Stiftungsrates. Zugleich wurden die Kandidaten der ICTA, Udo Herterich, und des CN, Christian Stürmer, als Stellvertreter berufen. Die Amtszeit beginnt am 1.12.2009 und dauert 5 Jahre.
Das Ergebnis der Stiftungsratswahl wird wohl auch Auswirkungen auf die demokratischen Strukturen des BV haben. Denn bisher haben die Mitgliedsverbände des BV unabhängig von der Anzahl der von ihnen vertretenen Betroffenen jeweils nur mit einer Stimme abstimmen und wählen dürfen.
Meyer: „Das Schöne an der Demokratie ist, dass sie Realität und Wunschdenken voneinander scheidet. Dem Bundesverband ist nun eine Satzungsänderung anzuraten, nach der Mehrheitsentscheidungen und Vorstandswahlen seiner Mitgliedsverbände nun auch durch die Anzahl der von dem jeweiligen Mitgliedsverband vertretenen Conterganopfer repräsentiert werden.“
Die amtlichen Zahlen der Wahl können auf der Webseite der Conterganstiftung abgerufen werden:
Das ausführliche Wahlprogramm des BCG-Kandidaten, Andreas Meyer, finden Sie auf der Webseite des BCG unter:
www.gruenenthal-opfer.de/Wahl_Andreas
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