Die ordentlichen Betroffenenvertreter
im Stiftungsrat der Conterganstiftung für behinderte Menschen
Andreas Meyer und Christian Stürmer
AUFRUF UND EINLADUNG ZUR KUNDGEBUNG
„EKLAT IN DER CONTERGANSTIFTUNG –
RECHTE DER BETROFFENEN STÄRKEN!“
Anlass:
überfallartige außerordentliche Stiftungsratssitzung am 16.10.2017 – Verlegung der Geschäftsstelle nach Berlin, Ausschaltung und Hintergehung der Betroffenvertreter
Datum und Uhrzeit:
16. Oktober 2017, 11:00 -18 Uhr
nach oder/und während der Stiftungsratssitzung
Ort:
Glinkastr. 24, 10117 Berlin
(vor dem Bundesfamilienministerium)
Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter!
Nun geht es um alles!
Mit aller Gewalt betreibt man den Umbau der Conterganstiftung an den von den Betroffenen gewählten Vertretern vorbei:
Nachdem das derzeit noch SPD-geführte Bundesfamilienministerium und die der SPD angehörende Stiftungsvorsitzende mit dem Versuch der Entrechtung der Betroffenenvertreter mittels einer Entmachtung gleich des gesamten Stiftungsrates letztes Jahr im Deutschen Bundestag gescheitert sind, sollen nun noch vor der Regierungsbildung mit der entsprechenden Verteilung der Ministerien sowie der Konstituierung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eilig Fakten geschaffen werden.
Mit einer überfallartig anberaumten außerordentlichen Stiftungsratssitzung am 16. Oktober 2017 soll durchgedrückt werden, was man von langer Hand an den Betroffenenvertretern vorbei vorbereitet hat:
Zukünftig soll die Geschäftsstelle der Stiftung nach Berlin verlegt werden (Top 2).
Dies auf ausdrückliche Empfehlung des Bundesfamilienministeriums und des Stiftungsvorstandes, um damit eine „Nähe zu politischen Entscheidungsträgern“ sicherzustellen.
Mit dem politischen Entscheidungsträger meint sich das Bundesfamilienministerium selbst.
Unter „Nähe zu politischen Entscheidungsträgern“ versteht man hier eine noch intensivere Kontrolle durch das Bundesfamilienministerium, dass uns über 30 Jahre lang an die Firma Grünenthal ausgeliefert hat.
Zugleich soll den an den Stiftungsratssitzungen interessierten Leistungsberechtigten durch diese Art der „Nähe zu (den) politischen Entscheidungsträgern“ unmissverständlich klar gemacht werden, dass die schwerstbehinderten Conterganopfer für Stiftungsratssitzungen zu diesen „politischen Entscheidungsträgern“ quer durch die Bundesrepublik Deutschland reisen müssen und nicht umgekehrt.
Wir erinnern daran, dass die Betroffenenvertreter mehrfach beantragt und den Wunsch geäußert haben, dass der Stiftungsrat zugunsten der mobilitätsbehinderten Leistungsberechtigten nacheinander rotierend in Köln, Hamburg, Berlin und München tagen soll.
Auch dieser Antrag der Betroffenenvertreter wurde bis heute geflissentlich ignoriert.
Dies alles macht deutlich, wem die Conterganstiftung in Zukunft weiterhin dienen soll:
Dem Bundesfamilienministerium und nicht den Conterganopfern!
Nach einer Verlegung der Geschäftsstelle kann man sicher sein, dass dann in einem weiteren Schritt auch der Sitz der Stiftung verlegt würde.
Damit entfiele die Zuständigkeit des relativ conterganopferfreudlichen Verwaltungsgerichts Köln und des Oberverwaltungsgerichts Münster.
Aber damit nicht genug:
Anstatt im Rahmen der Evaluation der Organstrukturen die Zuständigkeit der Geschäftsstelle auf beide Stiftungsorgane (Vorstand und Stiftungsrat) gleichermaßen auszurichten, möchte man offensichtlich die zu mindestens 2016 in selbstgefälliger Behaglichkeit ausgelebten Übermutterfantasien der SPD Stiftungsvorsitzenden in einem zukünftigen Stiftungsgesetz erneut manifestieren und die Geschäftsstelle allein für den Vorstand arbeiten lassen.
Dabei haben die Betroffenenvertreter im Stiftungsrat dringend eine Unterstützung durch Schreibkräfte und die Übersetzung ihrer Anliegen in Gebärdensprache und die Fremdsprachen der Leistungsberechtigten usw. nötig.
Uns wurde ausdrücklich versprochen und überallhin proklamiert, dass man uns Betroffenenvertreter an allen Schritten der Evaluierung der Stiftungsstrukturen beteiligt.
Hieran hält man sich nicht, sondern hintergeht uns mit heimlich aufgebenden Studien systematisch: Bei den überaus umfänglichen Sitzungsunterlagen für die 105. Stiftungsratssitzungen am 16.10.2017 lag „ganz zufällig“ ein sogenannter „Bericht zur Wirtschaftlichkeitsuntersuchung der Neuorganisation einer Geschäftsstelle der Conterganstiftung für behinderte Menschen in eigener Regie des Vorstands sowie Prüfung und Bewertung geeigneter Möglichkeiten zur Implementierung“ der Firma Sopra Sterea GmbH in Zusammenarbeit mit der AIOS GmbH bei.
Mit Interesse haben wir gelesen, dass dieser Bericht vom Bundesfamilienministerium und nicht vom Stiftungsvorstand in Auftrag gegeben wurde.
Denn, wenn der Stiftungsvorstand der Auftraggeber für diesen Bericht gewesen wäre, hätten die Betroffenenvertreter als Stiftungsratsmitglieder die rechtliche Handhabe gehabt, auf das Studienprofil für diesen Bericht Einfluss zu nehmen oder sich durch Informationsrechte Zugang hierzu verschaffen.
Bundesfamilienministerium und Stiftungsvorstand haben sich daher gegen die Betroffenenvertreter verschworen, um deren Mitwirkungsrechte zu unterlaufen.
Das Hintergehen geht soweit, dass der vorgenannte Bericht, der dem Vorstand und dem Bundesfamilienministerium bereits am 21.März 2017 und damit genau 2 Wochen vor der 104. Stiftungsratssitzung am 5. April 2017 vorlag, systematisch im Stiftungsrat und den Betroffenenvertretern gegenüber verheimlicht wurde.
Und keiner vom Stiftungsvorstand und vom Bundesfamilienministerium – weder ein Vorstandsmitglied noch der vom Bundesfamilienministerium gestellte Stiftungsratsvorsitzende, Christoph Linzbach, dessen Aufgabe nach der Geschäftsordnung des Stiftungsrates es eigentlich sein sollte, die jeweilige Stiftungsratssitzungen vorzubereiten – hat uns in der 104. Stiftungsratssitzung oder in der Folgezeit über das Vorliegen dieses Berichtes hingewiesen.
Nachdem wir am 25.8.2017 von der Geschäftsstelle zur Terminabsprache für eine 105. Stiftungsratssitzung zuerst noch am 11.10.2017 aufgefordert wurden, bat Christian Stürmer am 28.8.2017 um „zeitnahe Mitteilung“, was der Anlass sei, die Stiftungsratssitzung so kurzfristig einzuberufen.
Christian Stürmer erhielt vom Stiftungsratsvorsitzenden, Christoph Linzbach (BMFSFJ), ebenfalls am 28.8.2017 die Antwort, dass der Vorstand „wegen der Vielzahl von noch offenen Themen wie beispielsweise die Gefäßstudie“ um eine Sondersitzung gebeten habe. Ergänzend hob Herr Linzbach hervor, dass der Staatssekretär des BMFSFJ diesen Wunsch unterstütze.
Der erst angesetzte Termin der Stiftungsratssitzung am 11.10.2017 wurde zwischenzeitlich auf den 16.10.2017 verschoben, nachdem Andreas Meyer die zeitlichen Nähe des 11.10.2017 zu dem 60. Jahrestag der Markteinführung von Contergan am 1.10.2017 kritisiert hatte.
Am 1.9.2017 bat Christian Stürmer die Geschäftsstelle um folgende Auskünfte:
1. Aufgrund welcher Themenkreise soll die Sitzung einberufen werden?
2. Hat sich der Staatssekretär des Bundesfamilienministeriums bezüglich der Anberaumung eines zusätzlichen Termins zur Dezembersitzung auch gegenüber der Stiftung geäußert?
3. Ist stiftungsseitig bekannt, aus welchen Gründen und aufgrund welcher Themen, der Staatssekretär die Abhaltung einer weiteren Stiftungsratssitzungen für opportun hält?
Christian Stürmer erhielt am gleichen Tag von der Geschäftsstelle die nachfolgende Antwort auf seine Fragen:
„Wie ich Ihnen bereits in meiner E-Mail von vergangenen Freitag mitgeteilt habe, liegt mir die Tagesordnung der anstehenden Sitzung noch nicht vor, sodass ich Ihnen zum Anlass und den Hintergründen aktuell keine Information geben kann.“
Es fällt auf, dass insbesondere Christian Stürmers Fragen zu dem Staatssekretär des Bundesfamilienministeriums nicht beantwortet wurden.
Andreas Meyer stellte am 1.9.2017 im Wesentlichen die nachfolgenden 3 Fragen:
1. Was ist der Grund und der Anlass der so plötzlichen und wegen des Tagungsortes Berlin für alle mobilitätseingeschränkten Conterganopfer so aufwändigen Stiftungsratssitzung?
2. Ferner bitte ich vor dem Hintergrund der Evaluierung der Organstrukturen des Conterganstiftungsgesetzes um eine Erklärung, aufgrund welcher rechtlichen Vorgaben wir als Organträger im Stiftungsrat einer unabhängigen bundesdeutschen Stiftung unsere Terminplanung den Wünschen eines Staatssekretärs des BMFSFJ anpassen müssen?
3. Aus demselben Grunde bitte ich Sie um eine Erklärung und persönliche Erklärung mit ausführlicher Begründung, ob Sie sich angesichts einer Einmischung durch einen Staatsminister in unsere Stiftungsarbeit, der gleichzeitig auch noch Ihr Vorgesetzter ist, als Stiftungsratsvorsitzenden nicht in einem Interessenkonflikt befinden?
Ferner bat Andreas Meyer darum, „für die am 16.10.2017 angesetzte bzw. nächste Stiftungsratssitzungen einen Tagesordnungspunkt ‚möglicher Interessenkonflikt des Stiftungsratsvorsitzenden‘ anzusetzen“.
Die Antwort des Stiftungsratsvorsitzenden, Christoph Linzbach (BMFSFJ), vom 4.9.2017 ist nicht weniger kryptisch (AusschnittAntwort):
„… Der Anlass für das Ansetzen einer Sondersitzung ist ein Wunsch des Vorstandes der Conterganstiftung. Er hat ausdrücklich um eine Sondersitzung gebeten. Hintergrund ist die Vielzahl der noch offenen Themen wie beispielsweise die Gefäßstudie, die aus der Sicht des Vorstandes eine Sondersitzung erforderlich macht. Der Staatssekretär des BMFSFJ unterstützt diesen Wunsch.
Wie sie wissen, werden gemäß § 6 Abs.1 ContStifG drei Mitglieder des Stiftungsrates vom BMFSFJ benannt. Aus diesen Mitgliedern wählt der Stiftungsrat gemäß § 6 Abs.2 ConStifG die Vorsitzenden bzw. den Vorsitzenden. Bei der Conterganstiftung handelt es sich um eine öffentlich rechtliche Stiftung. Der Staat als Stifter hat sich bei der Conterganstiftung dafür entschieden, seine gesetzlich gegebenen Möglichkeiten der Einflussnahme zu nutzen und dem Kontrollorgan vorzustehen.
Ich bin als Vertreter des BMFSFJ für den Stiftungsrat benannt worden. Meine Teilnahme an den Stiftungsratssitzungen erfolgt während meiner Arbeitszeit. Als Leiter der Projektgruppe ‚Fonds, Stiftungen‘ gehört die Tätigkeit als Stiftungsratsvorsitzender ebenfalls zu meinem dienstlichen Aufgabenbereich. Damit übe ich meine Tätigkeit als Stiftungsratsvorsitzender als weisungsgebundener Mitarbeiter des BMFSFJ aus.
Ich gehe wie Sie auch davon aus, dass die Frage der grundsätzlichen Unabhängigkeit der Conterganstiftung einschließlich der Frage der Weisungsgebundenheit des Vorsitzenden des Stiftungsrates Gegenstand des vorzulegenden Expertenberichtes zu einer möglichen Strukturreform der Conterganstiftung sein wird. Im Rahmen der Erstellung des Berichtes sind Gespräche vorgesehen, die den Betroffenenvertretern des Stiftungsrates die Möglichkeit geben, hierzu Stellung zu nehmen. Da mir eine intensive Einbindung der Betroffenen und deren Vertreter in die Erarbeitung des Berichtes wichtig ist, bitte ich Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.
Ich danke Ihnen sehr für Ihre Bereitschaft, für eine Sondersitzung am 16.10.2017 zur Verfügung zu stehen. Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, dass Thema Strukturreform auf die Tagesordnung zu nehmen und die Ihnen wichtigen Fragen anzusprechen. Der richtige Ort für eine vertiefte Erörterung sind aus meiner Sicht allerdings die für die Erstellung des Expertenberichtes vorgesehenen Gespräche …“
Erwartungsgemäß wurde der Tagesordnungspunkt „möglicher Interessenkonflikt des Stiftungsratsvorsitzenden“ nicht auf die Tagesordnung der 105. Stiftungsratssitzung am 16.10.2017 gesetzt.
Damit wird für uns die Befangenheit des Stiftungsratsvorsitzenden mehr als deutlich!!!
Interessant ist insbesondere, mit welcher Überheblichkeit das Bundesfamilienministerium den Staat als alleinigen Stifter ansieht und dabei völlig unterschlägt, dass die Conterganopfer durch ihre staatlicherseits in § 23 ErrichtG bedingte Enteignung hinsichtlich ihrer gesamten Schadensersatzansprüche gegenüber der Firma Grünenthal und durch die Einbringung ihrer Vergleichsgelder in Höhe von 100 Millionen DM Hauptstifter der Conterganstiftung sind.
Denn bereits im Strafprozess wurden sämtliche Schäden der Conterganopfer auf 5 Milliarden DM mit dem damaligen Wert geschätzt.
Als erzwungenermaßen unfreiwillige Hauptstifter für die Conterganstiftung sind mit 5,1 Milliarden DM die Conterganopfer und nicht der Staat anzusehen!
Mit der gleichen Überheblichkeit betrachtet die Stiftungsvorsitzende Marlene Rupprecht den Staat ebenfalls als Hauptstifter für die Conterganstiftung.
Da Bundesfamilienministerium und Stiftungsvorsitzende der gleichen Partei SPD angehören und eine SPD-Gesundheitsministerin 1972 dem ehemaligen Leiter der Rechtsabteilung und des Ressorts Marketing der Firma Grünenthal, Rechtsanwalt Herbert Wartensleben, den Vorsitzposten in der medizinischen Kommission verschaffte, dient nach unserer Auffassung diese demonstrativ zur Schau getragene Überheblichkeit dem alleinigen Interesse, die Enteignung der Conterganopfer zugunsten der Firma Grünenthal als soziale Wohltat der SPD zu klassifizieren.
Mit alledem muss endlich Schluss sein!
Dass ständig hinter unserem Rücken agiert wird, ist unerträglich!
Wir wollen endlich „auf Augenhöhe“ behandelt werden!
Stattdessen macht man mit uns, was man will – nach dem Motto: Regeln gelten nur für andere!
So verlangt man von uns, dass wir unsere Anträge 3 Wochen vor den Stiftungsratssitzungen einreichen – selbst hält man sich (abredewirdrig!) nicht daran.
So hat man uns mit in der 98. Stiftungsratssitzungen vom 9.12.2014 aufoktroyiert:
„Die Beschlussvorlagen sind grundsätzlich spätestens 3 Wochen vor der nächsten Stiftungsratssitzung an die Geschäftsstelle zu schicken. Beschlussvorlagen die später eingehen, können grundsätzlich nicht berücksichtigt werden.“ (Unterstreichungen durch uns)
Zur Stiftungsratssitzung am 16.10.2017 wurde uns allerdings ein Berg von Unterlagen samt Beschlussvorlagen wieder deutlich zu spät, nämlich am 29.9.2017 übersandt.
Weiter hat man uns Betroffenenvertreter versprochen, uns in alle Schritte bezüglich einer Strukturreform einzubeziehen. Hieran hält man sich – wie oben dargestellt – gleichfalls nicht!
Statt dessen gibt man – ohne Absprache mit uns – und damit erneut wieder hinter unserem Rücken, Gutachten in Auftrag, um die Stiftungsstrukturen so zu verändern, dass die gewählten Betroffenenvertreter nur noch nachträglich zum Stiftungsgeschehen zustimmen können oder auch nicht.
Damit hat man nicht nur gemeinschaftlich unsere Mitwirkungsrechte unterlaufen, sondern man degradiert uns zu bloßen Statisten!
Und um diesem grenzenlosen Diskriminierungsreigen noch einen zynischen Gipfel aufzusetzen, sollen wir Betroffenenvertreter auf der anstehenden Stiftungsratssitzung am 16.10.2017 unter Top 4 auch noch die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Frau Christine Lüders, als Vorstandsmitglied für die 3. Vorstandsposition bestellen.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!
Wir lassen uns diesen Umgang nicht länger gefallen!
In der gegenwärtigen Zeit, in der keine parlamentarische Kontrolle stattfindet, hat das BMFSFJ zudem die Anwaltskanzlei Flick, Gockel Schaumburg mit der Erstellung einer Studie zur Organstruktur mit dem Titel „Erstellung einer Studie zu Begutachtung der Struktur der Conterganstiftung für behinderte Menschen unter Beteiligung der Betroffenenvertreterinnen und – vertreter und Formulierungen von Empfehlungen zur Umgestaltung der Stiftungsstruktur § 25 des 4. Gesetzes zur Änderung des Contergan Stiftungsgesetzes“ beauftragt und zwar – wohlgemerkt: absprachewidrig – ohne zuvor die Betroffenenvertreter zu hören.
Befremdlich ist vor allem, dass es sich bei der Kanzlei Flick, Gockel Schaumburg um Experten für Steuerrecht handelt.
Wir hätten eigentlich gerade von einem SPD-geführten Bundesfamilienministerium erwartet, dass man zu mindestens, um den angeblich sozialen Schein zu wahren, ein aus Soziologen und/oder Psychologen bzw. Kommunikationsmentoren bestehendes Studienteam eingesetzt hätte.
Dann hätte man die Ursache der gesamten Konflikte innerhalb der Conterganstiftung auf einer zwischenmenschlichen Ebene suchen können. Die Tatsache aber, dass man völlig sachfremd Experten des Steuerrechts für diese Analyse der Probleme innerhalb der Conterganstiftung auswählt, zeigt eindeutig, dass man seitens des Bundesfamilienministeriums die tatsächlichen Ursachen für die stiftungsinternen Probleme hinter einer juristischen Rabulistik verschleiern möchte.
Denn, in dem das Bundesfamilienministerium die Analyse der stiftungsinternen Probleme selbst in die Hand nimmt, macht es sich selbst vom Bock zum Gärtner!
Wie wichtig die Beteiligung der Betroffenenvertreter beispielsweise allein schon bei der Auswahl von unabhängigen Gutachtern ist, zeigt die Haltung der beauftragten Kanzlei:
In der Einladung zu einem Workshop hat diese Kanzlei bereits mitgeteilt, dass bei der Entwicklung neuer Stiftungsstrukturen „die Funktion der Stiftung als gesetzlicher Sozialeinrichtung“ zu beachten sei und damit ihre tendenziöse Befangenheit offenbart.
Die Conterganstiftung ist keine Sozialeinrichtung, sondern wickelt die Mitschuld und die Übernahme der Haftung des Staates für die Schuld Grünenthals mit uns als Hauptstifter (siehe oben) durch eine staatlich unabhängige Stiftung ab!
Wir werden vom Bundesfamilienministerium nicht mehr als Mitgestalter einer Evaluation des Stiftungsgesetzes in einem parlamentarischen Prozess betrachtet.
Wir sind in den Augen des Bundesfamilienministeriums nur noch Workshop-Teilnehmer.
Wenn schon „Studien“ gemacht werden, so verlangen wir, dass die Betroffenenvertreter zumindest bei der Auswahl der studiendurchführenden Personen beteiligt werden, damit sichergestellt ist, dass eine ministeriumunabhängige, neutrale Erarbeitung erfolgt.
Mit aller Gewalt soll endlich vollendet werden, die Rechte der Betroffenen und ihrer Vertreter auszuhebeln. Es reicht uns!
Solche Zustände bergen nicht nur erhebliche Gefahren für unsere finanzielle Versorgung, sondern werden vor allem auch den historischen Gegebenheiten nicht gerecht:
Die Stiftung wurde, wie schon oben erwähnt, gegründet, um die besonderen staatlichen Leistungen für die Conterganopfer, aufgrund der Mitverwicklungen des Staates im Conterganskandal, nicht unmittelbar von diesem, sondern von einer „unabhängigen“ Instanz (der Stiftung) auszahlen zu lassen. Ansonsten hätte es der Stiftung auch überhaupt nicht bedurft!
Mit dem 2. Conterganstiftungsänderungsgesetz im Jahr 2009 bekamen die Leistungsberechtigten der Conterganstiftung erstmalig durch die Bundesregierung das Recht, durch eine Urwahl ihre eigenen Betroffenenvertreter zu wählen.
Das war und ist gut so. Denn vor dem 2. Änderungsgesetz war es so, dass der Bundesverband, der regelmäßig automatisch einen Sitz im Stiftungsrat und im
Stiftungsvorstand hatte.
Aber gleichzeitig wurden durch das 2. Änderungsgesetz die Mehrheitsverhältnisse im Stiftungsrat zu Ungunsten der nunmehr zu wählenden Betroffenenvertreter so verändert, dass die 2 Betroffenenvertreter einer Mehrheit von 3 Ministerienvertretern gegenüberstehen.
Auf diese Weise wurde den gewählten Vertretern der Betroffenen bezüglich ihrer Mitwirkungsmöglichkeiten nur eine Alibifunktion in der Conterganstiftung eingeräumt.
Die Betroffenenvertreter können ohne einen weiteren Ministerienvertreter derzeit noch nicht mal eigenständig eine Stiftungsratssitzung einberufen.
Nach den gesamten von uns beobachtbaren Entwicklungen innerhalb des Stiftungsrates der Conterganstiftung seit 2009 bis heute können wir eine systematisch betriebene Rückentwicklung der Mitwirkungsrechte der Betroffenenvertreter feststellen.
Als Hauptakteur dieser Entwicklung ist aus unserer Sicht das Bundesfamilienministerium auszumachen, das in dem Wirken des Stiftungsvorstands mittlerweile einen getreuen Schweigedienstleister gefunden hat.
Man möchte nun mit aller Gewalt durchsetzen, womit man beim 4. Conterganstiftungsänderungsgesetz gescheitert ist, insoweit eine weitreichende Kompetenzverlagerung vom Stiftungsrat auf den Stiftungsvorstand angestrebt wurde.
Wir müssen jeder noch so kleinen Einschränkung unserer Mitwirkungsrechte mit aller Kraft entgegenwirken und darüber hinaus endlich die Übernahme der Conterganstiftung durch die Conterganopfer fordern!
Als Grundlage hierfür verlangen wir, dass man sich endlich an die Abreden mit unseren Eltern hält!
Seid bei der Kundgebung am 16.10.2017 dabei!
Es geht um unser aller Rechte und Geld!
Und vergessen wir bei all unserem Engagement niemals:
Das Bundesfamilienministerium ließ es 30 Jahre lang zu, dass der ehemalige Leiter der Rechtsabteilung und des Ressorts Marketing Grünenthals, Rechtsanwalt Herbert Wartensleben, den Vorsitzposten der Medizinischen Kommission der am 31. Oktober 1972 gegründeten Conterganstiftung, innehatte.
Laut einer schriftlichen Mitteilung Grünenthals von 2014 erfolgte die Bestellung von Herrn Wartensleben als Vorsitzender der Medizinischen Kommission im Jahr 1972 durch die damalige SPD-Bundesgesundheitsministerin.
Was aber die wenigsten wissen: Das damalige Bundesgesundheitsministerium war auch gleichzeitig das Bundesfamilienministerium.
Erst 1991 spalteten beide Ministerium sich auf in Bundesfamilienministerium und Bundesgesundheitsministerium.
Das Bundesfamilienministerium war mindestens 30 Jahre lang Handlanger der Firma Grünenthal!
Hierbei ist für uns offensichtlich, dass der angeblich plötzliche Aktenfund bei Grünenthal auch dazu diente, das Bundesfamilienministerium wegen seiner Kumpanei mit Grünenthal reinzuwaschen.
Denn es war 30 Jahre lang üblich, dass die Geschäftsstelle der Conterganstiftung und die Ärzte der Medizinischen Kommission regelmäßig unsere medizinischen Unterlagen an Herrn Wartensleben versandten.
Das Bundesfamilienministerium lässt sich auch regelmäßig von der Stiftung über die Belange der Stiftung informieren. Das geht soweit, dass sogar im letzten Jahr per ungesicherter und ungeschützter Email, unter den jeweiligen Aktenzeichen der Betroffenen, sämtliche einzelnen beantragten und bewilligten spezifischen Bedarfe, mit den beantragten und bewilligten Geldsummen, den Widersprüchen und Klagen mitgeteilt wurden. Ein datenschutzrechticher Skandal, wobei die Klage hiergegen, die Stiftung einfach auszusitzen gedenkt …
In der Gesamtschau ist damit ein „zufälliger“ Aktenfund bei Grünenthal mehr als unwahrscheinlich! Was uns insoweit aufgetischt wird, betrachten wir als Ammenmärchen.
Vielmehr hat das Bundesfamilienministerium die Conterganstiftung 30 Jahre lang zu einer Außenstelle der Firma Grünenthal verkommen lassen.
Offensichtlich bereut man im Ministerium zusammen mit Grünenthal heute, dass man uns im Jahre 2009 das Recht gegeben hat, unsere eigenen Betroffenenvertreter mit Mitwirkungsrechten in die Conterganstiftung hinein zu wählen.
Denn die gewählten Betroffenenvertreter haben in Eurem Interesse ihre ohnehin schon rudimentären Mitwirkungsrechte ausgiebig genutzt.
Wohl zu ausgiebig!
2016 konnten die Betroffenenvertreter in einem Gerichtsverfahren die Herausgabe von zwei von der Stiftung in Auftrag gegebene Expertisen in den jeweiligen Fassungen vor deren Abnahme erzwingen.
Durch das Verfahren erfuhren die Betroffenenvertreter, dass das Bundesfamilienministerium nicht nur vollständig informiert wird, sondern auch in das operative Geschäft des Stiftungsvorstandes maßgeblich eingreift.
Auf der öffentlichen Anhörung des Bundesfamilienausschusses vom 28.11.2016 beklagte das Vorstandsmitglied der Conterganstiftung, Margit Hudelmaier, dass das aufsichtsführende Bundesfamilienministerium zunehmend damit drohe, „die Rechtsaufsicht einzuschalten, um die Entscheidungen des Vorstands überprüfen und rügen zu lassen.“
Anstatt sich aber auf die Seite der Betroffenenvertreter zu stellen und gemeinsam mit Ihnen eine ministeriumsunabhängige Geschäftsstelle für alle Stiftungsorgane einzufordern, die weit entfernt von jeglicher Kontrolle dieses autokratisch wirkenden Ministeriums irgendwo in der Bundesrepublik ihren Sitz hat, gibt sich der Stiftungsvorstand gegen wohlfeile Schweigedienste mit einer in Berlin ansässigen, unabhängigen Geschäftsstelle allein für den Stiftungsvorstand zufrieden.
Der Rücktritt des Stiftungsvorstandes im Jahr 2016 war aus unserer heutigen Sicht eine viel zu zaghafte Rebellion gegen das bisherige Diktat des Bundesfamilienministeriums.
Hat man im Bundesfamilienministerium bisher erfolglos dafür gekämpft, uns Betroffenenvertreter als Mitglieder des Kontrollorgans der Stiftung ausschalten.
Hat man es nun mit dem Vorstand durch sein dem Bundesfamilienministerium gefälliges Schweigen uns gegenüber nun endgültig geschafft.
Die Motive des Bundesfamilienministeriums sind einfach zu durchschauen:
1. Eine Entdemokratisierung der Conterganstiftung und die Errichtung eines Willkürdiktats durch das Bundesfamilienministerium ohne den kritischen Blick der von den Conterganopfern gewählten Betroffenenvertreter.
2. Die Fortsetzung der Handlangerdienste für Grünenthal.
Dies alles müssen wir verhindern!
Aus diesem Grunde rufen die Betroffenenvertreter Euch alle Conterganopfer dazu auf, zu einer gemeinsamen Kundgebung zu kommen, in der wir die Missstände in der Conterganstiftung anprangern wollen:
Was wollen wir mit der Kundgebung erreichen?
1. Weg mit dem aufsichtsführenden Bundesfamilienministerium!
2. Absolute Mehrheit der Betroffenenvertreter im Stiftungsrat!
3. Vollständige und gleichberechtigte Einbeziehung der Betroffenenvertreter bezüglich struktureller Veränderungen der Conterganstiftung, unter anderem auch bei der Auswahl entsprechender Gutachter – nach dem Motto: „Nichts ohne uns über uns!“
4. Die Geschäftsstelle muss von einem privaten und ministeriumsunabhängigen Dienstleister betrieben werden und allen Organen der Conterganstiftung zur Verfügung stehen!
5. Grünenthalfreie und damit unabhängige Finanzierung der Medizinischen Kommission!
6. Unabhängige Gutachter der medizinischen Kommission! Wir möchten Euch alle dringend bitten, zu dieser Stiftungsratssitzung mit Kundgebung zu erscheinen!
Es geht aufgrund der laufenden Diskussion um die Stiftungsstrukturen um alles – daher ist jeder von Euch wichtig!
Nur gemeinsam können wir das erreichen, was jetzt noch bewirkt werden muss!
Abschließend bitten wir Euch alle um Entschuldigung, dass wir Euch so spät einladen.
Wie bereits oben dargestellt, wurden wir jedoch selber von den Ereignissen völlig überrascht.
Nehmt daher diese Einladung auch gleichzeitig als Rechenschaftsbericht für unsere Tätigkeit des letzten Jahres für Euch.
Mit ganzem Herzen gemeinsam für uns alle!
Christian Stürmer und Andreas Meyer
Lesen Sie zu den obigen Ereignissen auch unsere Pressemitteilung vom 13.10.2017.